Arbeitsprozess „Trust in those who supposedly know - MURRAY; DONDIE; REBECCA”, Text Michael Reisch
Meine fotografiebasierte Arbeiten entstehen generell in vielschichtigen, generativen Arbeitsprozessen, die in verschiedenen „Generationen“ seit 2010 fortlaufend aufeinander aufbauen. Technisch gesehen habe ich durch zahlreiche verschachtelte analog-digitale Transformationsprozesse (u.a. mit digitaler Fotografie, Bildbearbeitungssoftware, 3D-Software, 3D-Druck) verschiedene abstrakt/konkrete Objekte und digitale Fotos dieser Objekte erzeugt.
Diese Fotos dienen nun als Ausgangspunkt für die neueste Generation: „Trust in those who supposedly know – MURRAY, DONDIE, REBECCA”, 2023/2024 ist mit generativer KI erstellt und ich versuche hier, zeitgenössische Post-Truth- und Ideologisierungs-Tendenzen vor dem Hintergrund aktueller KI-Technologien zu thematisieren.
Ich speise die digitalen Fotos in KI-Diffusionsmodelle ein (Image-to-Image), wo diese Inputs mit gezielten Sätzen, sog. „Prompts“ beeinflusst werden, die Worte verschmelzen mit den eingespeisten Fotos und generieren neues Bildmaterial. Beispielsweise werden Prompts wie „ ... 1920’s, war-memorial, socialist realism, ...“ eingesetzt, die die 3D-gedruckten abstrakten Gebilde in monumentale, historisch-futuristische Denkmäler verwandeln, o.ä. Ich versuche auf diese Weise, unterschiedliche Bedeutungscluster zu erschaffen, die ideologisch stark aufgeladene Zusammenhänge politischer oder religiöser Art assoziieren. Die immer gleiche abstrakte Ausgangsform dient dabei als eine Art von Kernmatrix und schreibt sich ähnlich einem Prägestempel in alle KI-generierten Bildergebnisse ein. Die Outputs werden als Inkjet-prints, auf PVC-Plane (etc.) in unterschiedlichen Größen realisiert.
Einige der so erzeugten Bilder werden in digitaler Form mit Hilfe von KI (Image-to-Video-Tools) zu kurzen Videosequenzen weiterverarbeitet, die von mir kuratiert und am Computer zu Loops geschnitten/kombiniert. In jedem Startframe der Videoloops ist auch hier die digitale Ausgangsform als Prägestempel zu erkennen. Was in den Videos geschieht, basiert teils auf Standard Einstellungen der KI (Default), d.h. von mir unbeeinflusst und automatisch, wird aber in anderen Sequenzen von mir mit Einstellmöglichkeiten/Reglern im KI-Programm gesteuert (Geschwindigkeit, Richtung von bewegenden Objekten, Kameraposition, etc.), wobei mich physikalisch unwahrscheinliche oder unmögliche Narrative (kollabieren, expandieren, morphen, etc.), sowie auftretende Fehler/Glitches besonders interessieren. Diese Arbeiten sind für recycelte iPads konzipiert, die auf Aluminiumgestellen montiert werden.
Die Arbeit „Trust in those who supposedly know – GEORGE“ basiert in ähnlicher Weise auf der mit ideologisch aufgeladenen Text-Prompts überschriebenen Ausgangsform, das so erzeugte digitale Bild wurde in einem maschinellen, computergesteuerten Verfahren auf gebrauchten, recycelten Stoff gestickt. Als Display wird ein eigens angefertigtes Aluminiumgestell verwendet.
Den Titel „Trust in those who supposedly know – MURRAY, DONDIE, REBECCA” habe ich ebenfalls mit generativer KI erstellt, wissenschaftliche Texte zur Analyse der Post-Truth-Bewegung wurden von mir in ein GPT-2-KI-Modell eingespeist, das mit Film-Drehbüchern trainiert wurde. Auf diese Weise habe ich wissenschaftlich fundierte Kritik in fiktionale KI-Drehbücher verwandelt (GPT-2 = noch häufig fehlerbehaftete Vorläufer-Version von Chat-GPT). „Trust in those who supposedly know“ ist ein auf diese Weise generierter Satz, MURRAY, DONDIE, REBECCA sind von der KI erfundene, fiktive Charaktere/Akteure (wie auch NATHANIEL, AGNES, etc.).
Ein vergleichbares Prinzip verfolge ich in den Audio-Arbeiten „Trust in those who supposedly know – MURRAY, DONDIE, REBECCA“, City Square (etc.). Die von GPT-2 aus oben beschriebenen Datensätzen generierten Textteile wurden von mir subjektiv ausgewählt, neu zusammengefügt und durch den Einsatz von text-to-speech-KI in Audio-Files bzw. kurze Hörspielsequenzen verwandelt. Bei den Sprecher:innen handelt es sich um künstliche Stimmen, die KI wurde von mir soweit provoziert, dass teils Fehler/Glitches entstehen. Diese Arbeiten laufen in Loops auf Kopfhörern, die auf Aluminiumgestellen angebracht sind.
Eine dieser Audioarbeiten ist die Basis für die Videoarbeit „Trust in those who supposedly know – SYBIL“, andandfascism. Der orange Charakter/Avatar ist von mir zunächst separat mit text-to-image und image-to-image KI erstellt. Mit Hilfe von speech-to-video-KI wird anschließend das generierte Audio in eine Videosequenz überführt, wobei die Sprechbewegungen des Avatars mit dem Audio synchronisiert werden.
Die Arbeit „Trust in those who supposedly know – MURRAY, DONDIE, REBECCA”, Origins basiert auf einem ähnlichen Prinzip. Jedes einzelne Wort dieses Satzes, inklusive der Anführungszeichen und des Bindestrichs, wurde am Computer in ein virtuelles 3D-Modell überführt. Diese 3D-Modelle wurden als Ausgangspunkt genutzt, um mit Hilfe verschiedener KI-Tools (u.a. text-to-image, image-to-image) KI-generierte Bilder bzw. ein verschmolzenes Text-Bild-Amalgam zu erzeugen. Auch hier prägt sich die Schrift wie ein Prägestempel in die Bilder ein, bzw. die Bilder können auf diese Weise nur in Zusammenhang mit dem Text entstehen. Bestimmte Teile der Bilder werden dann von mir gezielt mit Hilfe weiterer KI-Tools (generative infill, etc.) weiterverarbeitet. Die Text-Prompts sind von mir subjektiv erstellt, sie bestehen oft aus mehreren Sätzen und enthalten Begriffe wie „..., jewelry, cross, ...“, etc. Die Outputs werden als Inkjet-prints in Aluminiumrahmen realisiert.